24.o9.14 // o8:57 Uhr

 

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Im Projekt wurde ich am Montag damit überrascht, dass dort gerade eins der vier ausgewachsenen Schweine geschlachtet worden war. So weit nicht verwunderlich, irgendwo muss das Fleisch ja herkommen, das dort fast täglich auf den Tisch kommt. Dass aber acht- bis vierzehnjährige Jungs um die tote Sau herumstehen und beim Rasieren, Waschen und schließlich sogar Kopf abschneiden fasziniert zugucken, war dann doch gewöhnungsbedürftig. Ich musste all das mit Fotos festhalten, die ich euch hier aber bis auf eines ersparen möchte. Als der Brustkorb mit Hammer und Meißel geöffnet wurde, bin ich zurück in die Küche gegangen, um beim Tomatenschneiden zu helfen. Zenon (der Koch) hat schon ungeduldig auf den Kopf gewartet, dessen Fleisch es heute im Salat zum Mittagessen geben würde. Ich muss zugeben, ich habe es nicht gegessen. Nachmittags kamen wir so spät los, dass ich erst um halb vier nach Hause kam und direkt vom Micro ins Confetti ging. Dort packte Silvia mich mit ins Auto und wir fuhren einige Süßigkeiten zum Eingang der Fexpocruz, einer riesigen Messe, die ich an diesem Abend noch besuchen würde. Davor musste meine Familie allerdings noch auf eine Beerdigung einer Nichte von Silvia. Ich entschied mich dagegen, mitzugehen, weil ich diese Frau nicht gekannt hatte und mein Spanisch zu schlecht ist, um Beileidsbekundungen auszusprechen. Daher würde ich mich dort definitiv fehl am Platz fühlen. Stattdessen nutzte ich die Zeit zum Joggen, Duschen und Spanisch lernen, bevor ich mit zwei Micros zur Feria Exposición Santa Cruz fuhr, die nur zehn Tage dauert. Dort traf ich mich mit Luisa, Floor und Chrissie und gemeinsam wanderten wir durch die großen Messehallen, betrachteten riesige Bullen und Kühe mit diesen typischen Huckeln auf dem Rücken. Sogar einen Deutschland-Stand gab es in der Europa-Halle, aber der war echt langweilig. Was das wohl über uns aussagt...? ;-) Viel interessanter war der Zirkus, der einzig zur Vermarktung eines bestimmten Zements aufgeführt wurde, aber echt nicht schlecht war mit den Jongleuren und Gymnastikkünstlern. Nachdem ich irgendwie mit einem Micro und einem Taxi nach Hause kam, war dieser Tag doch besser gewesen als zu Beginn gedacht. Am Dienstag war erst einmal das Micro kaputt, als ich zum Büro kam: Es stand quer über der Straße, sodass ich Polizist gespielt und die Autos, Taxis und Micros, die vorbei wollten, umgeleitet habe. Zenon und Jesús haben derweil irgendwie das Ding wieder repariert, indem sie den Deckel vom Motor abgenommen haben, sich mal unter das Auto gelegt haben und so weiter... jedenfalls hat es am Ende wieder funktioniert und wir kamen mit etwas Verspätung in der República an. Dort bestand der ganze Tag aus Fotografieren in der prallen Sonne, denn die Kinder haben zu Ehren des Geburtstags von Santa Cruz (oder war es der 200jährige Frieden?) eine Aufführung einstudiert, zu der sogar ein paar Mütter gekommen waren.   Eröffnungsrede mit dem Singen der Hyme

 

  Drei der Viertklässler in ihren hammer Kostümen.

 

  Die Kleinsten führen mit der Kindergärtnerin was auf.

 

  Design aus Müllkleidern.

 

  ...mitsamt Modenschau.

 

   Die "Abgeordneten" und der Präsident schwören irgendetwas.

 

Eine Viper.

 

  Die drei allgegenwärtigen Flaggen: Bolivien, Santa Cruz und die der República.

 Die Indianertänzer singen.

 

 

Dann haben alle gemeinsam zu Mittag gegessen (als Beilage gab es einen Salat, der zu 20% aus Tomaten und zu 80% aus Zwiebeln bestand) und sind - wieder mit Verspätung - heim gefahren. Nachdem das Skypen mit Ronja mal wieder nicht geklappt hat, bin ich doch noch ins Confetti gegangen, habe einen Kuchen gefertigt und Schokobrownies und Sandwiches in Folie gepackt, bevor ich Tanzen gegangen bin. Dort hat mich mein Tanzpartner (der Gute, mit dem ich meistens tanze) heute mal richtig genervt, weil er vor lauter ich-bin-besser-als-der-Rest voll den Anschluss verpasst hat. Aber seine Schuld war das natürlich nicht, wie mir sein selbstgefälliges Grinsen mitteilte. Ach wie sehr wünsche ich mir, diese Sprache so gut zu können, dass ich ihm mal irgendwas an den Kopf werfen kann. Zum Glück hat die Stunde, die der Profe Steven und ein paar andere danach noch abgehalten haben, meine Laune wieder gehoben: Eine Stunde einfach nur Dehnen. Ich dachte, ich könnte am nächsten Tag nicht mehr laufen, aber es geht erstaunlich gut. Und Steven war total fasziniert davon, dass ich in den Spagat komme - jetzt ist man in einer Tanzschule in einem südamerikanischen Land und ist tatsächlich die am besten Gedehnte? Was ist denn da los. Nach dem Abendessen mit der Familie und einer Freundin von Camila bin ich bald ins Bett gegangen, aber nicht, ohne sicherzustellen, dass wir am Mittwoch - einem Feiertag - auf die Quinta der Großeltern fahren und dort schwimmen gehen!!! Und kaum zu glauben, aber wir fahren jetzt wirklich.

 

 

27.o9.14 // 13:33 Uhr

 

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Der Mittwoch war für mich einer der besten Tage seit ich hier bin. Nachdem wir gefühlte sieben Tonnen Proviant gekocht und in den Kofferraum gepackt haben, ging es los: Aus der Stadt raus, durch die armen Viertel durch und eine Sandstraße entlang, insgesamt eine 3/4 Stunde Fahrt. Die Quinta ist nicht so groß, wie manch andere, an denen ich schon vorbei gefahren bin, hat aber Platz für einen Fußballplatz, lauter stachelige Palmen und das hier:

 

 

Außer uns waren auch noch der Abuelo und zwei Tios mit Familien auf die Idee gekommen, den Feiertag fürs Schwimmen zu nutzen. Einer meiner Onkel stand schon am Grill, meine 7jährige Cousine Bruna und ihr 8jähriger Bruder Mauricio plantschten im Kinderpool und meine 16jährige Cousine Mariana saß mit den Erwachsenen am Tisch und unterhielt sich.

 

Es gab Sangría, eine CD von Prince Royce lief im Hintergrund, die Sonne schien und so verging der Tag... unterbrochen von so manchem "RANA"-Geschrei meiner Tante, wenn wieder mal ein Frosch sich im Pool abkühlte. Dann musste ihr Mann mit dem Kescher anrücken und das Tierchen befreien.

Mama Silvia und Schwester Camila entspannen in einer der beiden Hängematten.

 

 

Papa Vico und Tio Erwin heben Leo fürs Foto auf die Schultern. Posiert werden muss hier immer für ein Foto...

Im Hintergrund spielen die Kleinen im Pool. Auf dem Liegestuhl sitzt die Angestellte, die selbst hierher mitgenommen wurde, fürs Abspülen und so...

 

 

Auf dem Heimweg haben wir am Schloss Don Quijote angehalten, das da mitten in einem armen Viertel im Sand stand.

 

 

Vielleicht ja nur weil der Mittwoch so gut war - doch die folgenden zwei Tage kamen mir unendlich lang und nervtötend vor. Am Donnerstag gab es für mich im Projekt wenig zu tun. Stattdessen habe ich mit den beiden Hundewelpen gespielt und ihnen die Flöhe aus dem Fell gezogen, die beide zur Genüge hatten. Doch selbst die konnten meine Stimmung nicht wirklich heben, da sie trotz ihres geringen Alters von vier Wochen bereits von der Mutter getrennt worden waren und nun einer mit Zenon und einer mit Hugo mitgehen würde - transportiert in einer Plastiktüte auf dem Motorrad, bzw. in einem goldfischglasgroßen Plastikbehälter im wackeligen Micro.

Mi pocito Pobrecito. (Mein kleines Armes) Er heißt jetzt Rudi, womit ich einem anderen schwarz-weißen Hund gedenken wollte, den ich mal kannte :)

 

Nach dem Mittagessen habe ich gut zwei Stunden in "meinem" Zimmer gelesen, danach Rosa beim Ausschneiden und Aufkleben von Schaumstoffbuchstaben für ein Plakat geholfen und schließlich den Jungs beim Wettrennen und Fußballspielen zugeschaut. Nach dem Abendessen versuchte Rosa, den Vortrag über Sexualität zu halten, für den die Plakate gedacht waren. Doch die Kids veranstalteten erneut so ein Chaos und einen Lärm, dass Rosa irgendwann abbrach und wir zum Film schauen übergingen: Das Kind von Charly Chaplin.

Doch statt danach zu meiner erhofften Nachtruhe zu kommen, durfte ich im Zimmer erst mal auf Tierjagd gehen. Nachdem ein gut 20cm langer, fetter Frosch (spanisch: "Rana") vor meinem Haus saß (der hat mich nicht gestört), ist mir fast ein Käfer ins Ohr geflogen. Nachdem ich den erledigt habe (das hat er verdient), klapperte wieder ein Käfer gegen das Fenster, diesmal ein riesiger Maikäfer. Als ich den nach draußen transportiert habe wäre ich auf dem Rückweg in mein Bett fast auf einen fingerlangen Grashüpfer getreten, den ich dann auch rausgetragen hab. Schließlich habe ich mir Oropax in die Ohren gesteckt, denn was ich nicht höre, tut mir nichts, oder?

 

Nach der wenig erholsamen Nacht fand ich im Bad als allererstes eine ohne Witz handtellergroße Spinne. Guter Start, befand ich, zog mich an und verließ mein Quartier.

Nach dem Frühstück kam das Micro, doch diesmal ohne Kinder, denn heute war aus irgendeinem Grund kein Unterricht. Stattdessen begannen alle mit irgendwelchen Arbeiten (Ausbessern von Fenstern, putzen, Gemüsegarten) und ein paar schlachteten eine Kuh. Obwohl ich das eigentlich nicht wollte, habe ich es sowohl gesehen, als auch gehört, da ich gerade Geschirr gespült habe und das Ganze zwanzig Meter vor dem Küchenfenster stattfand, einfach an einen Baum gebunden. Mit ein Grund, warum ich auch heute zum Mittagessen nur die Pommes verspeist habe, die ich am Vormittag zubereitet hab.

Zuhause angekommen hob sich meine Stimmung immer noch nicht, sodass ich erst mit Lizzy chattete, dann mit Ronja skypte und als keiner mehr Zeit hatte, bin ich wie immer zum Helfen ins Confetti gegangen.
Erst abends ging die miesepetrige Laune endlich weg. Das hatte unter Anderem folgende Gründe:

a) Ich war mit meiner Mutter im Abasto Mercado Gemüse und Obst shoppen. Das Foto ist vom Mercado, Säcke voll Mehl, Nüssen und Co.

b) Ich war tanzen.

c) Ich habe nur mit meinen Eltern zu Abend gegessen, was zur Folge hatte, dass sie sich ausführlich und lange mit mir unterhalten haben.

d) Ich habe trotz a-c) den Trostbrief unseres Inselteamers Marius geöffnet (das zweite Mal, beim ersten Mal habe ich nur die Fotos herausgeklaubt) und mein sich darin befindliches Schiffchen auf die Spitze des Eiffelturms gesteckt, der auf meinem Nachttisch steht. Den eigentlichen Brief hebe ich mir für das nächste Tief auf.

 

Der Samstag sieht schon wieder viel besser aus. Aufgewacht bin ich die ersten paar Male schon gegen acht Uhr, da es draußen häufiger gedonnert hat und das die Bauarbeiter vor meinem Fenster jedes Mal zu Jubelstürmen veranlasst hat. Na, und die Baustelle ist eh so laut. Als ich etwa um zehn Uhr aufgestanden bin, waren meine Eltern und Camila noch da und sind mit mir gemeinsam ins Confetti gefahren. Dort gab es Frühstück (Omelette - lecker!) und danach habe ich zusammen mit meiner Mutter vier Torten gemacht, zwei davon mit neuem Design. Als wir mittags nach Hause kamen, saß Mariella (die Haushälterin) auf dem Parkplatz vor der Haustür und grillte auf einem winzigen Grill ein riesiges Stück Fleisch - ein witziges Bild, obwohl ich davon so gut wie nichts gegessen hab, denn es gab auch Tomatensalat und Yukka (diesmal unfrittiert).

Mal sehen was der Tag noch so bringt.

 


Der Tag brachte nach dem ueblichen Spanischunterricht folgendes: Max und ich sind mit Pierres Familie im Auto mitgefahren, da die zufaellig wie wir auch zur Fexpocruz wollten. Fuer die haben wir Freikarten von einem Klienten meiner Eltern bekommen. Die wollten gegen halb zehn Uhr auch nachkommen, um sich die Modenshow des Klienten anzusehen. Auf der Fexpo sind wir ein bisschen herumgewandert. Irgendwann hat meine Mutter angerufen und meinte, sie koennten nicht zur Modenshow kommen, da es irgendein Problem mit dem Klienten gaebe. Da Max aber um Zehn nach Hause musste, haben sie mich um diese Uhrzeit ebenfalls abgeholt. Da ich erwartet hatte, dass es jetzt noch Stress mit dem Klienten gibt, da man ja sonst die Modenshow haette angucken koennen, war ich umso ueberraschter, als wir stattdessen Pizzaessen gefahren sind.
Ich hab nicht mehr nachgefragt.

 

Am Sonntag habe ich vormittags beschlossen, Joggen zu gehen. War aber irgendwie keine gute Idee, denn danach bin ich im Bad fast umgekippt und mein mieser Kreislauf hat etwa eine Stunde lang weiter gesponnen.

Zum Glueck war es dann wieder vorbei, als wir Essen gegangen sind - ohne Leo, denn der war uebers Wochenende bei einem Freund in Urubo. Hach, war das angenehm, so schoen still. Nach meinem Mexican Salad haben wir kurz Siesta gemacht und sind dann gleich wieder aufgebrochen: Camila zu einer Freundin bringen, einkaufen gehen (in dem Geschaeft gab es Original Bayrischen Weisswurstsenf) und dann Leo in Urubo abholen. Abends gab es wie immer den Besuch bei den Grosseltern.